Rojeetz - Ja oder Nein?
Auf einen Beitrag in der Volksstimme, ob die plattdeutsche Aussprache "Rojeetz" auf dem Ortseingangsschild erscheinen sollte, gab es erste positive Reaktionen gegenüber unserem Verein. In der Mehrheit sogar von "Angeschwemmten". Eine Rogätzerin schrieb sogar auf Platt: "ick bin janz jeröhrt... Un ick wär daför..., weil ick dat noch von min Opa jelehrt hebbe. Mit den Naomen vont Ortsschild kunnt ick jut kloarkomm." Und angemerkt hat sie: "Spräken jeit bedder, als schrübben".
Die anderen verwiesen darauf, dass damit "doch die Verbundenheit und auch Respekt zu alten Gebräuchen und Traditionen" widergespiegelt würden. Junge Leute erführen auf diese Weise etwas über die Sprache der "Altvorderen".
Was war dieser Fürsprache vorausgegangen? In einer Gemeinderatssitzung Anfang Dezember informierte die Vereinsvorsitzende darüber, dass Landesheimatbund und Landesregierung solche Vermerke des niederdeutschen Ortsnamens fördern. Einen Monat später zeigten sich die Gemeinderäte wenig überzeugt und der Bürgermeister schob eine Entscheidung auf. Es solle informiert werden, sagte er. Was über die Internetseite www.rogaetz.de und die Volksstimme passierte, auch das nächste Amtsblatt wird informieren.
Seit der ersten Erwähnung im Jahre 1144 taucht je nach Alter der Dokumente mal diese, mal jene Schreibweise auf, bis sich etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts „Rogätz“ durchsetzt, wie überhaupt ab 1871 ein gewisser Standard Einzug hält.
Und Rojeetz? Das kam in Akten niemals vor, denn dabei handelt es sich nicht um eine Schriftsprache. Hier gilt vielmehr das gesprochene Wort, auch Mundart oder Dialekt genannt. Sie waren einst die ursprüngliche Sprachform. Erst über Jahrhunderte setzte sich das Hochdeutsche durch.
„Rojeetz“ wie auch „Klut“ in Klutturm entstammen dem Niederdeutschen, dem Plattdeutschen. Obwohl Rogätz nicht zur Altmark gehört – aber vor fast 600 Jahren mal dazu gehörte – war hier die Mundart altmärkisch geprägt. „Typisch Rogätz war oder ist der Gebrauch des langen ‚ee‘, des langen ‚o‘ oder ‚ö‘, mik, dik, dat und dass ein anlautendes g zum j wird, wie in Rojeetz. Das Gebiet, in dem g zu j wird, ist groß. Es reicht im Nordosten bis nach Berlin und im Süden bis nach Halle und in das Mansfelder Land“, erklärt der aus Rogätz stammende und in Halle lebende Germanist Dr. Ullrich Wenner („Die Mundart von Rogätz“, 2004).
Sprachlich zieht sich eine unsichtbare Grenzlinie durch unsere Region. Nördlich der Ohre finden wir die Altmark und das Nordbrandenburgische. Südlich der Linie Schartau – Güsen haben wir das Mittelbrandenburgische. Rogätz und seine „Schwestergemeinde“ Schartau am östlichen Elbufer liegen also in einem Übergangsgebiet.
Heute sind die Mundarten beinahe untergegangen in der hochdeutschen Umgangssprache. Hörten wir vor 30 Jahren noch öfter, wie sich Leute auf der Straße oder im Familienkreis Plattdeutsch unterhielten, ist es nun fast ausgestorben. Manche verstehen es noch, können es aber selbst nicht sprechen. Schade, sagen sie, weil sie den einst so vertrauten Klang vermissen. Andere berührt das nicht im Geringsten, denn Mundart spielte in ihrer Vergangenheit keine Rolle. Im Gegenteil, sie war verpönt.
Es wurde auch wirklich alles getan, um das Platt aus dem Sprachgebrauch auszumerzen. Früher – vor 60, 80 und mehr Jahren - wurden Kinder oft genug von Eltern und Lehrern ermahnt: „Sprecht ordentlich!“ Wer wollte schon negativ auffallen, gar als ungebildet gelten? Höchstens wenn es als Kind zum Ströpen in die Elbaue ging, lebte das Plattdeutsche auf. Heute nur noch in der Erinnerung.
Aber seien wir mal ehrlich. „Rojeetz“ ist nicht verschwunden. Hören wir doch mal genau hin! Das Wort wird bis heute gebraucht und rutscht als letztes Überbleibsel einer uralten Mundart den Rogätzern einfach so heraus. Kaum jemand merkt es und stört sich daran. Höchstens die Enkel horchen auf, und die Eltern räuspern sich. Gutes Deutsch, schlechtes Deutsch? Die Frage stellt sich meines Erachtens nicht, weil Mundart auch ein Stück Heimat und Geschichte ist, auf die man durchaus stolz sein kann.
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